Zusammenfassung: Fertigungsprozesse, die auf Papierformularen und Zetteln basieren, können den Anforderungen einer zunehmend digitalisierten Industrie nicht mehr lange standhalten. Unternehmen sollten darum eine Umstellung auf papierlose Fertigung anstreben. Eine Digitalisierung und Automatisierung von Fertigungsprozessen ist effizient, senkt Kosten und leistet einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz. Papierloses Arbeiten in der Industrie steigert zudem die Wettbewerbsfähigkeit. Dennoch arbeiten noch immer viele Unternehmen, zumindest in Teilen, papiergebunden und bedenken nicht die langfristigen Vorteile der papierlosen Produktion.
Papierlose Fertigung – Definition
Papierlose Fertigung bezeichnet den Übergang von traditionellen, papierbasierten Fertigungsprozessen zu vollständig digitalen Abläufen. Der gesamte Produktionsprozess wird durch digitale Systeme wie ERP (Enterprise Resource Planning) und MES (Manufacturing Execution System) unterstützt und verwaltet, wodurch die Notwendigkeit für physische Dokumente und manuelle Aufzeichnungen entfällt. Die Digitalisierung erstreckt sich auf alle Bereiche der Fertigung, einschließlich der Datenerfassung, Dokumentation und Kommunikation. Papierdokumente in administrativen und operativen Prozessen sollen durch Digitalisieren von Dokumenten minimiert oder vollständig eliminiert werden.
Die Notwendigkeit einer digitalen und papierlosen Fertigung
Vorteile durch eine papierlose Fertigung
Entscheidende Vorteile der papierlosen Fertigung umfassen:
Effizienzsteigerung
- Automatisierte Datenerfassung und Echtzeit-Informationen ermöglichen kontinuierliche Verbesserung und optimierte Produktionsprozesse
- Reduzierte Arbeitswege und Rückfragen erhöhen die Produktivität
- Verringerte Inspektionszeiten und höhere Produktivität durch modulare, digitale Arbeitsanweisungen
- Reduzierung der Fehlerquote, was Nacharbeiten und Ausschuss verringert
Kosteneinsparungen
- Papier- und Druckkosten werden eingespart
- Reduzierte Lager- und Archivierungskosten durch papierlose Prozesse
Dokumentensicherheit
- Zugriffskontrollen schützen sensible Daten
- Datenintegrität wird durch digitale Signaturen und Verschlüsselung gewährleistet
- Regelmäßige Backups und Cloud-Speicherlösungen schützen vor Datenverlust
- Erfüllung gesetzlicher Anforderungen und Industriestandards (Compliance) durch revisionssichere Archivierung und Protokollierung von Änderungen
Papierlose Fertigungsprozesse: Sicher und effizient umstellen
Digitale Lösungen bieten zahlreiche Vorteile für Unternehmen. Es bestehen jedoch auch Bedenken bei der Einführung der papierlosen Fertigung:
1. Datensicherheit und Datenschutz: Risiko von Cyberangriffen. Die Einhaltung von Datenschutzgesetzen wie der DSGVO kann komplex sein.
2. Zugriff und Verfügbarkeit: Angst vor Datenverlust durch technische Fehler oder Systemabstürze. Bedenken hinsichtlich der Langzeitarchivierung und der Frage, ob digitale Formate auch in Zukunft lesbar und zugänglich bleiben.
3. Kosten und Ressourcen: Der Übergang zu digitalen Prozessen kann initial hohe Investitionen (z.B. für Hardware, Software, Schulungen) verursachen, und es entstehen laufende Kosten für Wartung und Updates digitaler Systeme.
4. Akzeptanz und Gewohnheit: Mitarbeiter könnten sich an Papierdokumente gewöhnt haben, und umfangreiche Schulungen notwendig sein.
5. Rechtliche Anforderungen: Papierdokumente gelten oft als fälschungssicherer und rechtlich verbindlicher als digitale Dokumente.
Unternehmen, die Vorbehalte gegenüber vollständig digitalen Prozessen haben, können Papierdokumente in einer Testphase parallel bestehen lassen, und erst dann endgültig auf Papierdokumente verzichten. Eine sukzessive Umstellung gibt Mitarbeitern zudem Zeit, sich an neue Prozesse zu gewöhnen.
Schritte zur Einführung einer papierlosen Fertigung
Durch eine systematische Herangehensweise kann eine effiziente Umstellung auf eine papierlose Produktion umgesetzt werden:
- Analyse und Planung: Ausgangssituation bestehender papierbasierter Fertigungsprozesse analysieren und Schwachstellen identifizieren. Einen Umsetzungsplan für die Prozessdigitalisierung erstellen
- Digitalisierung der Arbeitsabläufe: Arbeitsanweisungen, Checklisten und Dokumente digitalisieren und zentral verwalten. Umsetzung der Digitalisierung von Dokumenten in Teilprozessen
- Einsatz geeigneter digitaler Tools und Systeme: Auswahl passender Software und Systeme, die nahtlos in die bestehende IT-Infrastruktur integriert werden können
- Schulung: Mitarbeiter schulen, um Akzeptanz der neuen papierlosen Verfahren zu gewährleisten
- Fortwährende Überwachung: Fortwährende Überwachung der neuen digitalen Prozesse zur Überprüfung ihrer Sicherheit und Effizienz
Industrie 4.0 realisieren: IT-Maßnahmen zur papierlosen Fertigung
Eine Realisierung papierloser Fertigung erfordert spezifische IT-Maßnahmen. Durch die Digitalisierung manueller Prozesse ist eine moderne, automatisierte Produktionsumgebung gegeben. Ziel ist es, schnellere Durchlaufzeiten bei gleichzeitig höherer Qualität zu erreichen. Papierlose Fertigung setzt voraus, dass alle Daten und Informationen sofort verfügbar und nutzbar sind.
Zunächst ist der Einsatz eines ERP-System üblich, das der Administration und Koordination aller Geschäftsprozesse dient, wobei damit verbundene PPS-Module Fertigungsprozesse zusätzlich vereinfachen. Auch Dokumentenmanagementsysteme (DMS) sind eine grundlegende Voraussetzung für papierlose Fertigungsprozesse. Eine Integration von CAD- und PDM-Daten lässt technische Zeichnungen in die Fertigung einfließen, was Fehler reduziert. Barcodes, RFID- und NFC-Technologien dienen der Identifikation und Rückverfolgbarkeit von Materialien und Produkten sowie der Bestandsverwaltung. Eine weitere grundlegende Maßnahme ist der Einsatz einer Checklisten-Software, um alle Prozesse zu überwachen.
Die Nutzung von Cloud-Lösungen zur Speicherung und Verarbeitung großer Datenmengen ist eine zusätzliche Möglichkeit. IT-Sicherheitslösungen sind hierbei unerlässlich für Datenintegrität. Letztlich tragen automatisierte Materialentnahmeverfahren zur Effizienz in der Fertigung bei.
Go Green – papierlos produzieren
Papierlose Fertigung leistet einen präsanten Beitrag zum Umweltschutz.
Reduktion des Papierverbrauchs
Der Papierverbrauch in Unternehmen ist erheblich. Weltweit werden jährlich etwa 400 Millionen Tonnen Papier produziert, und ein großer Teil davon in Büro- und Fertigungsprozessen verwendet. Für die Herstellung von einem DIN A4-Blatt Papier werden 2 bis 13 Liter Wasser benötigt. Der Papierverbrauch kann um bis zu 90% reduziert werden, was eine erhebliche Einsparung an natürlichen Ressourcen wie Holz, Wasser und Energie bedeutet.
Energieeinsparung
Die Herstellung von Papier ist ein energieintensiver Prozess. Zur Produktion einer Tonne Papier werden ca. 1,5 Tonnen Holz und 26.495 Liter Wasser benötigt. Der Einsatz von Energie und Chemikalien führt zu erheblichen Umweltauswirkungen. Die papierlose Fertigung reduziert den Bedarf an energieintensiver Papierproduktion und verringert somit den Energieverbrauch und die Umweltauswirkungen.
Reduzierung der Abfallproduktion
Papierabfall macht einen erheblichen Anteil des industriellen Abfalls aus. In vielen Ländern landet ein Großteil des Papierabfalls auf Deponien, wo er zur Freisetzung von Methan beiträgt, einem Treibhausgas, das 25-mal stärker als CO2 ist. Eine Umstellung auf digitale Systeme trägt dazu bei, Papierabfall zu reduzieren.
Schonung der Wälder
Papierherstellung trägt zur Abholzung von Wäldern bei, insbesondere in Regionen mit intensivem Holzeinschlag. Wälder sind Lebensräume zahlreicher Tier- und Pflanzenarten und wichtig im globalen Kohlenstoffkreislauf. Durch die Reduktion des Papierverbrauchs tragen Unternehmen zur Erhaltung der Wälder und der Biodiversität bei.
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