Zusammenfassung: Das Konzept der Qualitätskultur hat sich als Reaktion auf den wachsenden Bedarf an umfassenden Qualitätsmanagementsystemen (QMS) entwickelt. Der Fokus liegt im Qualitätsmanagement nicht mehr nur auf traditionellen Qualitätssicherungs-Grundsätzen, sondern es wird ein proaktiver Ansatz verfolgt. Qualitätsprobleme werden frühzeitig identifiziert und behoben. Folglich muss Qualitätskultur von der Unternehmensführung vorgelebt und in den QM-Prozess integriert werden. Der Ansatz geht über die bloße Einhaltung von Qualitätsstandards und -vorschriften hinaus. Qualität steht in allen Prozessen und Entscheidungen im Vordergrund und muss kontinuierlich verbessert werden:
Was ist Qualitätskultur?
Der Begriff Qualitätskultur (eng. Quality Culture) bezieht sich auf das Ziel einer Organisation und ihrer Mitglieder, Qualität dauerhaft zu sichern und nachhaltig weiterzuentwickeln. Qualitätskultur umfasst Einstellungen, Werte und Verhaltensweisen von Führungskräften und Mitarbeitern in Bezug auf Qualität. Qualität wird als oberste Priorität betrachtet und Mitarbeiter setzen sich aktiv für die Lieferung von Produkten und Dienstleistungen höchster Qualität ein. Die DIN EN ISO 9001 fordert, dass Qualitätspolitik einen transparenten Rahmen zur Festlegung und Bewertung der Qualitätsziele bereitstellt. Durch eine etablierte Qualitätskultur können Unternehmen Ziele effektiver erreichen. Es wird eine Umgebung gefördert, in der sich jeder Mitarbeiter verpflichtet fühlt, aktiv zur Qualitätssicherung und Erfüllung von Qualitätsstandards beizutragen: Qualität sollte unbewusst verstanden und umgesetzt werden.
Ganzheitliche Qualitätskultur
Entwicklung der Qualitätsfokussierung
Bis in die 1980er lag der Fokus auf der Produktebene, mit dem Ziel technische Produktfehler zu beseitigen. Unternehmen konzentrierten sich auf die Qualität der Endprodukte und versuchten, Fehler und Mängel durch Endkontrollen und Nachbesserungen zu eliminieren. Ab den 1990er Jahren verlagerte sich der Fokus zu einer umfassenderen Betrachtung der Qualität, die auch Prozesse und Systeme einbezieht. Die Entwicklung führte zu einem ganzheitlicheren Ansatz, der heute als Qualitätskultur verstanden wird und alle Ebenen der Qualität umfasst, einschließlich der Stärkung des Qualitätsbewusstseins bei den Mitarbeitern.
Funktionale Qualitätsebenen:
- Produktebene (Produktqualität): Produktqualität umfasst technische Arbeitsprozesse wie Bauteilbearbeitung und Konstruktionszeichnungen, wobei Einzelfehler durch menschliches Verhalten zu Prozessstörungen und fehlerhaften Produkten/Dienstleistungen führen können.
- Prozessebene (Prozessqualität): Prozessqualität betrifft das Zusammenspiel technischer Abläufe und die Bereitstellung von Informationen, Kommunikation an Schnittstellen sowie Wissensmanagement
- Systemebene (Systemqualität): Systemqualität bezieht sich auf das Gesamtsystem eines Unternehmens, einschließlich Werten, Fehlerumgang und Mitarbeiterbeteiligung. Fehler im System haben weitreichende Auswirkungen auf Prozesse und Produktqualität.
Die Bedeutung einer positiven Qualitätskultur
Eine positive Qualitätskultur fördert folgende Aspekte:
- Engagement der Mitarbeiter: Mitarbeiter, die sich mit Qualitätszielen des Unternehmens identifizieren, sind motivierter und engagierter. Dies führt zu höherer Produktivität und besserer Arbeitsqualität.
- Kundenzufriedenheit und -bindung: Ein hohes Qualitätsbewusstsein trägt dazu bei, Qualitätserwartungen von Kunden zu erfüllen oder zu übertreffen, was letztlich die Kundenbindung stärkt.
- Kontinuierliche Verbesserung: Eine gelebte Qualitätskultur fördert kontinuierliche Verbesserung (KVP), indem sie Mitarbeiter motiviert, ständig nach Möglichkeiten zur Prozess- und Produktoptimierung zu suchen.
- Wettbewerbsvorteil und Image: Unternehmen mit einer ausgeprägten Qualitätskultur können sich durch hohe Qualitätsstandards von der Konkurrenz abheben und ihr Image langfristig stärken.
Vorteile der Qualitätskultur
Eine systematisch entwickelte Qualitätskultur bietet zahlreiche Vorteile für Unternehmen:
- Verbesserte Produkt- und Dienstleistungsqualität: Die Priorisierung von Qualität in jedem Aspekt der Arbeit führt zu einer verbesserten Produkt- und Dienstleistungsqualität.
- Erhöhte Kundenzufriedenheit- und Bindung: Verbesserte Produkt- und Dienstleistungsqualität resultiert in erhöhter Kundenzufriedenheit und -bindung. Eine konstante Lieferung von Produkten und Dienstleistungen, die Erwartungen erfüllen oder sogar übertreffen kann ein Unique Selling Point (USP) sein.
- Mitarbeiterengagement: Eine starke Qualitätskultur stärkt die Mitarbeitermotivation, Produktivität und führt zu einem positiven Arbeitsumfeld.
- Höhere Qualitätsstandards: Unternehmen setzen hohe Standards und klare Ziele, und stellen sicher, dass Prozesse zu einer diesbzgl. Zielerreichung vorhanden sind.
- Reduzierung von Fehlern und Verschwendung: Durch die Reduzierung von Fehlern und Verschwendung wird die Effizienz der internen Prozesse erhöht und Kosten gesenkt.
- Kontinuierliche Verbesserung: Kontinuierliche Verbesserung wird gefördert, indem proaktiv nach Verbesserungsmöglichkeiten gesucht und innovative Lösungen sowie Prozessoptimierungen implementiert werden.
- Verbesserung des Unternehmensimages: Eine starke Qualitätskultur verbessert das Unternehmensimage, was zu erhöhtem Ansehen und größerer Glaubwürdigkeit führt.
Qualitätskultur als Führungsaufgabe: Erfolgsfaktoren
Die Unternehmensführung ist für die Förderung und Aufrechterhaltung der Qualitätskultur im gesamten Unternehmen verantwortlich.
Folgende Schritte sind dabei zu beachten:
- Führung durch Vorbild: Führungskräfte sind für die strategische Ausrichtung verantwortlich und müssen Werte und Prinzipien der Qualitätskultur vorleben. Ihr Verhalten und ihre Entscheidungen setzen den Standard für das gesamte Unternehmen.
- Klare Kommunikation: Vision und Ziele müssen klar und verständlich kommuniziert werden. Jeder Mitarbeiter muss wissen, was von ihm erwartet wird und wie er zur Qualität beitragen kann.
- Schulung & Weiterbildung: Fortwährende Schulungen und Weiterbildungen sind notwendig, um das Qualitätsbewusstsein des Personals zu stärken und es mit notwendigen Fähigkeiten auszustatten. Mitarbeiter sollen nicht nur als ausführende Kräfte, sondern als aktive Qualitätsmanager agieren.
- Belohnung und Anerkennung: Mitarbeiter, die sich besonders für die Umsetzung von Qualität engagieren, sollten belohnt und anerkannt werden. Dies motiviert andere, ebenfalls hohe Qualitätsstandards anzustreben.
Neben Führungskräften arbeiten Qualitätsmanager eng mit allen Abteilungen zusammen, um sicherzustellen, dass Qualitätsstandards eingehalten und kontinuierlich gemäß den relevanten Normen verbessert werden.
6 Wichtige Schritte zur Umsetzung einer Qualitätskultur
Folgende sechs Schritte sind bei der Einführung einer Qualitätskultur erforderlich:
1. Analyse der aktuellen Qualitätskultur des Unternehmens: Zu Beginn bildet eine gründliche Untersuchung des bestehenden Qualitätsbewusstseins und der Qualitätspraktiken im Unternehmen die Grundlage für alle weiteren Maßnahmen.
2. Auswahl geeigneter Qualitätsparameter: Im nächsten Schritt erfolgt die Identifikation relevanter Indikatoren und Qualitätskennzahlen
3. Entwicklung von Maßnahmen: Die Entwicklung gezielter Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung entscheidend. Dies schließt die Festlegung klarer Standards und Benchmarks ein.
4. Durchführung von Maßnahmen: Geplante Maßnahmen müssen konsequent umgesetzt werden, um Veränderungen zu bewirken. Dies kann Schulungen, Prozessoptimierungen oder den Einsatz neuer Technologien betreffen.
5. Regelmäßiges Monitoring: Der Entwicklungsstand der Qualitätskultur muss regelmäßig gemessen werden. Die Messung und Bewertung der Fortschritte sind notwendig, um sicherzustellen, dass eingeführte Maßnahmen effektiv sind und erwünschte Ergebnisse erzielen.
6. Fortbildung der Mitarbeiter: Regelmäßige Schulungen und Weiterbildungen der Mitarbeiter gewährleisten, dass alle auf dem neuesten Stand der Qualitätsanforderungen sind und kontinuierlich zur Verbesserung beitragen können.
Qualitätskultur im QM-Prozess
Ein Qualitätsmanagement (QM) – Prozess ist ein systematischer Ansatz zur Qualitätssicherung von Produkten und Dienstleistungen. Qualitätskultur beeinflusst den QM-Prozess auf folgende Weise:
- Prozessoptimierung: Eine gelebte Qualitätskultur fördert die Bereitschaft zur Prozessanalyse und -optimierung. So hinterfragen Mitarbeiter ineffiziente Prozesse und bringen Verbesserungsvorschläge ein.
- Fehlerkultur: Fehler werden als Lernchancen betrachtet. Dies fördert eine offene Kommunikation und die systematische Fehleranalyse, um zukünftige Fehler zu vermeiden.
- Kundenorientierung: Eine ausgeprägte Qualitätskultur sorgt dafür, dass Kundenbedürfnisse- und Erwartungen stets im Mittelpunkt stehen.
- Messung und Analyse: Regelmäßige Messung und Analyse von Qualitätskennzahlen sind integrale Bestandteile. Diese Daten dienen als Grundlage für kontinuierliche Verbesserungsmaßnahmen.
Die Deutsche Gesellschaft für Qualität DGQ vermittelt und fördert Kompetenzen zur Einrichtung und kontinuierlichen Verbesserung integrativer Managementsysteme.
Qualitätskultur messen und optimieren
So gestalten Sie einen erfolgreichen Change Prozess
Die Einführung einer Qualitätskultur ist eine Änderung der Denkweise und des Verhaltens innerhalb einer Organisation und aller Mitarbeiter. Hierbei kann es eine Herausforderung sein, Widerstand gegen Veränderungen zu überwinden und sicherzustellen, dass Qualität in der DNA einer Organisation verankert wird. Unternehmen müssen sich an Trends und Dynamiken auf dem Markt orientieren und sich fortwährend verändern. Dies kann schnelles und agiles Handeln erfordern. Folglich erfordert ein Change Prozess zur Einführung oder Verbesserung der bestehenden Qualitätskultur eine gut geplante Strategie. Change Management ist ein systematischer Ansatz, um den Übergang von Einzelpersonen, Teams und Unternehmen zu neuen Zuständen oder Arbeitsweisen zu steuern. Die Unternehmensführung sollte eine klare Vision und Ziele kommunizieren, und Mitarbeiter aktiv in den Prozess einbeziehen.
Next Gen Qualitätskultur
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